Zu der Politik in Berlin
Super Berichte da
Aus einer Sonntagszeitung

Seit einem halben Jahr wird in
Berlin nicht mehr regiert
* und keiner hat's bemerkt !! *
Berlin ist ganz aufgeregt.
Erst wollte der Kanzler nicht mehr, und es gab Neuwahlen.
Dann wollten die Wähler nicht mehr und verweigerten sich einem klaren Votum.
Jetzt basteln die Gewählten seit Wochen an einer großen Koalition, von der man nicht so genau weiß, ob sie zu Stande kommt.

Nun ist Berlin noch aufgeregter.
Ein beleidigter SPD-Parteivorsitzender ist zurückgetreten.
Eine rothaarige Vizevorsitzende will ihren Stuhl für den Parteinachwuchs räumen.
Eine vom Vorstand ausgewählte Generalsekretärin will nun auch nicht mehr.
Ach ja.
Und Edmund mal-hü-mal-hott Stoiber, der Hamlet von der Isar, der Zauderer und Zögerer von der CSU, nutzt die Stunde der allgemeinen Verwirrung, um zu sagen, was eh schon jeder geahnt hat:

Nun will er auch nicht mehr, nicht ohne seinen Münte, basta.
Jetzt ist die Aufregung auch in München groß.
Mal abgesehen davon, dass hier jeder vom politischen Personal macht, wozu er oder sie gerade lustig ist.
Bei all dem Geflatter und Flügelschlagen bleibt unbemerkt, dass in Deutschland seit fast einem halben Jahr nicht mehr regiert wird.
Misstrauensvotum, Wahlkampf, Verhandlungen, da bleibt halt keine Zeit für den Alltag des politischen Geschäfts.
Deutschland ist führungslos.
In Deutschland herrscht Politik-Verdrossenheit.
Denn eigentlich läuft es ganz prima.
Die Arbeitslosenzahlen sinken seit September.
Die Börse verhält sich ruhig.
In der Wirtschaft wird fleißig investiert und produziert.
Und die Bürger sind seit einem groß angelegten Werbebombardement eh überzeugt, Deutschland zu sein oder zumindest Albert Einstein, Beate Uhse oder Günther Jauch.
Die Stimmung ist gut.
Deutschland gibt sich unaufgeregt.
Und hat sich so nebenbei von seiner Regierung getrennt.
Oder ist es andersrum? Egal.

Der Kabarettist Richard Rogler jedenfalls sieht das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Regierung nüchtern analysierend wie eine schlechte Ehe.
Wenn man sich nicht mehr versteht, geht man eben getrennte Wege.
Das ist heute schließlich kein Problem mehr.
Die Regierung regiert irgendwann mal wieder, wenn sich die Koalition gefunden hat, aber eben nicht das Volk.

Und das Volk lässt sich weiterregieren, aber eben nicht von der Regierung.
Und jeder macht fröhlich, was er will.
Denn das ist das Erstaunliche.
Deutschland fühlt sich gut so oben ohne.
Anarchie ist machbar, Frau Nachbar.
Nur gut, dass das noch keiner bemerkt hat.
Denn sonst wäre es aus mit der Unaufgeregtheit.
Schließlich sind wir das Land, in dem vor einer Revolution eine Karte für den Bahnsteig gekauft wird.
Das Gefühl von Obrigkeit und Ordnung ist uns wichtig.
Führungslos? Ausgerechnet wir? Huch!
Also bitte: