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3. PROBLEMATISCHE VERHALTENSWEISEN
Die Alzheimer-Krankheit kann dazu führen, dass die Patienten entweder zu viel
oder zu wenig essen. Im Falle einer starken Gewichtszunahme sollten Sie fettreiche und kohlenhydrathaltige Speisen einschränken (z. B. Kuchen, Kekse). Denken Sie aber daran, dass das Essen eine der wenigen verbleibenden Freuden des Patienten sein kann. Im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit brauchen viele Patienten Hilfe beim Essen, weil sie mit der Handhabung des Essbestecks nicht mehr zurecht kommen. Maximale Eigenständigkeit ist auch beim Essen wichtig. Deswegen ist es besser, den Patienten kleingeschnittene Speisen selbständig mit dem Löffel oder mit den Fingern essen zu lassen, als ihm die Nahrung einzugeben. Manche Patienten sind durch ein übermäßiges und unübersichtliches Angebot an verschiedenen Speisen irritiert und essen deswegen zu wenig.
Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium ist bei vielen Patienten der Vorgang
des Schluckens gestört. Das kann zu häufigem Verschlucken, zu einer Lungenentzündung und zur Gefahr des Erstickens führen.
Mahlzeiten sollten möglichst immer im selben Raum und zur selben Zeit eingenommen werden.
Setzen Sie sich bei den Mahlzeiten dem Patienten gegenüber, so dass er Ihre Bewegungen sehen und nachahmen kann.
Schneiden Sie die Speisen klein, und beschränken Sie die Auswahl auf dem Tisch.
Der Speisezettel soll Ballaststoffe, Gemüse und Obst enthalten.
Wenn der Patient häufig etwas zu essen möchte, lassen Sie ihn viel Obst essen, damit er nicht zunimmt.
Bieten Sie kleine Portionen an und beachten Sie: Das Auge isst mit.
Lassen Sie ihn gegebenenfalls die Finger anstatt des Bestecks benutzen.
Wenn Schluckstörungen auftreten, pürieren Sie das Essen oder verwenden Sie flüssige Nahrung ("Astronautenkost"). Der Arzt kann Ihnen dafür ein Rezept ausstellen.
Bieten Sie genügend zu trinken an.
Denken Sie daran, dass die Empfindung für heiß und kalt herabgesetzt sein kann, sodass sich der Patient leicht verbrennt.
Wenn beim Kauen und Schlucken deutliche Probleme auftreten, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber.
Bei allein lebenden Patienten: Achten Sie darauf, dass verdorbene Lebensmittel regelmäßig aus dem Kühlschrank entfernt werden.
Alternative Möglichkeiten der Ernährung |
Wenn wegen Schluckstörungen die Nahrungsaufnahme auf dem normalen
Weg nicht mehr möglich ist, müssen Sie mit Ihrem Arzt über die Möglichkeit der Ernährung über einen kleinen Schlauch sprechen, mit dem die Nahrung über die Nase direkt in den Magen geführt wird. Magensonden, die direkt durch die Bauchdecke geführt werden, können Vorteile haben. Der Umgang mit einer Magensonde ist nicht so schwer, wie Sie vielleicht befürchten. Sie müssen die Nahrung, die Sie in Fertigpackungen erhalten, mit einer Spritze in den Schlauch einfüllen. Nach einer kurzen Anleitung durch Ihren Arzt werden Sie die nötigen Handgriffe rasch beherrschen.
Im mittleren Stadium der Alzheimer-Krankheit treten bei vielen Patienten Schwierigkeiten auf, sich selbständig anzukleiden und auszuziehen. Es kann auch sein, dass sie nicht mehr daran denken, ihre Wäsche regelmäßig zu wechseln. Grundsätzlich ist auch in diesem Bereich die Eigenständigkeit des Patienten wichtiger als das perfekte Aussehen. Bemühen Sie sich deshalb vor allem darum, dass der Patient so lange wie möglich alleine mit der Kleidung zurechtkommt. Vereinfachen Sie die Kleidung und erleichtern Sie den Umgang damit, bevor Sie beginnen, das An- und Auskleiden selbst zu übernehmen.
Legen Sie dem Patienten die Kleidungsstücke in der Reihenfolge zurecht, in der er sie anziehen soll.
Wählen Sie Kleidungsstücke mit einfach zu öffnenden Verschlüssen. Reißverschlüsse oder Klettverschlüsse sind besser als Knöpfe.
Die Schuhe des Patienten sollten bequem, haltgebend, rutschfest und einfach an- und auszuziehen sein.
Versuchen Sie, den Patienten spielerisch durch die einzelnen Schritte des An- und Auskleidens zu führen.
Wenn der Patient verschmutzte Kleidungsstücke immer wieder anziehen will, entfernen Sie diese unauffällig und legen Sie sie in sauberem Zustand wieder zurück.
Wenn die Krankheit das Stadium erreicht, wo sich der Patient trotz aller gutgemeinter Hilfestellungen nicht mehr selbständig an- und auskleiden kann und Sie diese Aufgaben übernehmen müssen, treten nicht selten unerwartete Schwierigkeiten auf. Viele Patienten sind gerade über diese Art der Hilfestellung äußerst empört und wehren sich heftig dagegen. Denken Sie bitte wieder daran: Das Selbstgefühl und der Stolz eines Erwachsenen sind nicht mit der Erfahrung vereinbar, von einem anderen Menschen an- oder ausgezogen zu werden. Ein großes Maß an Einfühlungsvermögen und Erfindungsreichtum sind erforderlich, um mit diesem Problem zurechtzukommen.
Die Alzheimer-Krankheit kann auf mehrfache Weise zu Schwierigkeiten mit den Körperausscheidungen führen. Im mittleren Stadium haben viele Patienten Probleme, die Toilette rechtzeitig aufzusuchen, die Toilette im Haus zu finden, die erforderlichen mechanischen Vorgänge wie das Anheben des Toilettendeckels oder die Betätigung der Spülung auszuführen oder mit ihrer Kleidung zurechtzukommen. Andererseits können Harnwegsinfekte, die bei älteren Menschen häufig sind, zu einem verstärkten und häufigen Harndrang führen. Zu einer Störung der Kontrolle von Blase und Darm kommt es meist erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium.
Achten Sie darauf, dass der Patient genügend Ballaststoffe und Flüssigkeit zu sich nimmt. Eine Trinkmenge von 1,5 Litern am Tag sollte eingehalten werden.
Schränken Sie die Flüssigkeitszufuhr abends ein.
Die Toilette muss leicht zu finden sein. Bringen Sie ein gut erkennbares Schild an und sorgen Sie für nächtliche Beleuchtung.
Erinnern Sie den Patienten daran, die Toilette in regelmäßigen Abständen aufzusuchen.
Achten Sie auf körpersprachliche Signale, in denen sich ein erforderlicher Besuch der Toilette ankündigt.
Überprüfen Sie, ob die Verschlüsse an der Kleidung leicht zu öffnen sind.
Sprechen Sie mit ihrem Arzt über die Probleme, und veranlassen Sie eine Untersuchung zum Ausschluss einer Harnwegsinfektion.
Verwenden Sie Inkontinenzvorlagen. Der Arzt kann ein Rezept darüber ausstellen.
Vermeiden Sie die Anlage eines Blasenkatheters so lange wie möglich.
Störungen der Kontrolle von Blase und Darm |
Probleme bei der Beherrschung der Muskeln, die den Stuhlgang und die Blasenentleerung regulieren, bezeichnet man medizinisch als Inkontinenz (wörtlich: Nicht-mehr-halten-können). Diese Symptome treten typischerweise im mittleren und fortgeschrittenen Krankheitsstadium auf. Die Harninkontinenz ist häufiger und geht in der Regel der Stuhlinkontinenz voraus. Eine Harninkontinenz kann behandelbare Ursachen haben. Dazu gehören Harnwegsinfektionen, akute Verwirrtheitszustände (z. B. durch falsche oder überdosierte Medikamente), eingeschränkte Bewegungsfähigkeit, bestimmte Frauenkrankheiten, bei Männern auch eine Vergrößerung der Vorsteherdrüse (Prostata).
In diesen Fällen kann eine Behandlung der Ursache zu einer Beseitigung der Inkontinenz führen. Darüber hinaus ist es hilfreich, den Gang zur Toilette zu einer festen Gewohnheit zu machen, die in regelmäßigen Abständen wiederholt wird. Auch sie kann behebbare Ursachen haben. Dazu gehören Verstopfung, Darmverstimmungen und Darminfektionen. Im Falle einer Verstopfung können Sie eine Menge tun, um dem Patienten zu helfen. Scheuen Sie bitte nicht, mit Ihrem Arzt über Inkontinenzprobleme zu sprechen.
Beachten Sie die Ratschläge zum Aufsuchen der Toilette.
Verwenden Sie Inkontinenzvorlagen. Der Arzt kann ein Rezept darüber ausstellen.
Verabreichen Sie regelmäßig (z. B. zweimal pro Woche) einen Darmeinlauf oder geben Sie stuhlerweichende Mittel.
Verwenden Sie keine Abführmittel.
Der falsche Gebrauch von Abführmitteln kann zu einer anhaltenden Darmträgheit und zu anderen gesundheitlichen Schäden führen. Bitte fragen Sie hierzu Ihren Arzt. Wenn Probleme mit Harninkontinenz anders nicht zu beherrschen sind, kann man einen Katheter anbringen. Diese Maßnahme sollte so lange wie möglich vermieden werden. Die regelmäßige Verwendung von Inkontinenzvorlagen ist auf jeden Fall zu bevorzugen.
3. Problematische Verhaltensweisen |
Zunehmende Einschränkungen von geistigen Leistungen wie Gedächtnis, Denken und Sprache sind nicht die einzigen Symptome der Alzheimer-Krankheit. In ihrem Verlauf kommt es zu zahlreichen ungewohnten Veränderungen des Verhaltens. Sie können das Zusammenleben mit dem Patienten sehr erschweren. Für das frühe Krankheitsstadium sind Misstrauen und Argwohn, andererseits aber auch Depression und Unsicherheit kennzeichnend. Im mittleren Krankheitsstadium treten ziellose Unruhe und Aggressivität, aber auch wahnhafte Gedanken und Sinnestäuschungen auf. Im fortgeschrittenen Stadium herrschen Unruhe und Schlafstörungen vor.
Es kann geschehen, dass der Patient ausgerechnet Ihnen gegenüber ohne ersichtlichen Grund gereizt oder sogar aggressiv reagiert, obwohl Sie so viel Zeit und Mühe aufwenden, um für ihn zu sorgen. Viele dieser unangenehmen Gefühlsäußerungen entstehen aus einem Konflikt zwischen der Selbsteinschätzung des Patienten und den wirklichen Verhältnissen, die er nicht mehr zutreffend erfassen kann. Typischerweise fühlt sich der Patient durch irgendeine Ihrer Handlungen gekränkt oder gedemütigt und setzt sich dagegen zur Wehr.
Beispiele dafür sind gutgemeinte Hilfestellungen beim Ankleiden oder Auskleiden, beim Essen oder im Bad. Andere Anlässe sind Situationen der Überforderung oder der Ausweglosigkeit. Oft befinden sich die Alzheimer-Kranken in einem früheren Stadium ihrer Lebensgeschichte und reagieren zornig, wenn sie korrigiert werden, z. B. ihnen mitgeteilt wird, dass die eigene Mutter nicht mehr lebt. Eine Reizüberforderung durch
zu starke Geräusche oder zu viele Menschen kann ebenfalls ein Auslöser für aggressives Verhalten sein. Für die Patienten stellt es auch eine Überforderungssituation dar, wenn sie ständig mit Anweisungen oder Erklärungen konfrontiert werden, die sie nicht mehr verstehen können.
Seien Sie nicht gekränkt. Der Zorn des Patienten richtet sich nicht gegen Sie, sondern ist eine Reaktion auf die Unsicherheit, Angst und Verzweiflung, die ihn selbst quälen.
Behalten Sie einen klaren Kopf. Denken Sie daran, dass die Konfliktsituation für den Patienten noch schwieriger und unangenehmer ist als für Sie, und dass nur Sie das Problem lösen können.
Versuchen Sie den Patienten abzulenken, lassen Sie ihn fernsehen, Musik, die er liebt, hören etc. Argumentieren nützt meist nichts, sondern heizt den Konflikt nur weiter an.
Machen Sie dem Patienten vor allem keine Vorhaltungen. Er vergisst schnell und versteht nicht, wie er sich verhalten hat.
Falls Aggressionen häufig vorkommen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Er kann Medikamente verschreiben, die überschießende Gefühlsäußerungen mildern.
Sollte Ihnen doch einmal der Kragen platzen, seien Sie gnädig mit sich selbst. Ihre Belastung sucht sich in solchen Explosionen ein Ventil. Der Patient wird die Szene viel rascher vergessen haben als Sie.
Wenn sich die Lage wieder entspannt hat, versuchen Sie herauszufinden, womit Sie ungewollt den Zorn des Patienten provoziert haben. Wurden Gefühle des Stolzes, der Ehre oder der Scham verletzt? Fühlte er sich überfordert und hilflos? War die äußere Situation zu unübersichtlich?
Probleme mit der Verständigung |
Eines der häufigsten Symptome der Alzheimer-Krankheit sind Störungen der Sprache. Betroffen sind sowohl das sprachliche Ausdrucksvermögen als auch das Sprachverständnis. Beides führt dazu, dass Sie sich mit dem Patienten schwerer als früher verständigen können. Im frühen Krankheitsstadium werden die sprachlichen Äußerungen des Patienten ungenauer und umständlicher.
Manchmal findet er Wörter nicht oder gebraucht Umschreibungen. Viele Patienten empfinden ihre Sprachschwierigkeiten als peinlich und sprechen insgesamt weniger, vor allem zu fremden Personen. Meist werden Sie trotz der sprachlichen Probleme erraten können, was der Patient Ihnen sagen will. Vermeiden Sie, für den Patienten einzuspringen, wenn er einmal ein Wort nicht findet. Meist ist das für ihn sehr kränkend. Durch Befolgung von einfachen Regeln können Sie Ihr Sprachverhalten auf die Krankheit einstellen. Denken Sie bitte daran, dass auch für völlig gesunde Menschen die Hälfte der Mitteilungen durch Mimik, Gestik und Körpersprache vermittelt wird. Nützen Sie diese nicht-sprachlichen Mitteilungen stärker, als Sie es bisher gewohnt waren.
Sprechen Sie deutlich und langsam.
Bilden Sie kurze, einfache Sätze.
Vermeiden Sie Schachtelsätze und komplizierte Wendungen.
Geben Sie nicht zu viele Informationen auf einmal.
Unterstreichen Sie Ihre Mitteilungen durch Mimik, Gestik und Körpersprache.
Im mittleren Krankheitsstadium kann sich die Sprache noch deutlicher verändern. Wortverdrehungen, falscher Satzbau und unvollständige Sätze können die Mitteilungen des Patienten unverständlich machen. Machen Sie jetzt vermehrt Gebrauch von der Körpersprache. Berühren Sie den Patienten, nehmen Sie ihn in den Arm, sehen Sie ihm in die Augen, streicheln Sie ihn und lächeln Sie ihn an. Gegebenenfalls können Sie auch versuchen, durch allgemeine Redewendungen die vermuteten Inhalte seiner Äußerungen aufzugreifen und zu bestätigen. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium können sich die sprachlichen Äußerungen eines Alzheimer-Patienten auf wenige Wörter beschränken, die er häufig wiederholt. Das bedeutet nicht, dass er keine Gedanken mehr hat oder dass er Sie nicht mehr versteht. Versuchen Sie aus seinem Gesichtsausdruck, aus seinen Gesten und aus seiner Körpersprache darauf zu schließen, was er mitteilen will. Wenn Sie aussprechen, was Sie verstanden haben, können Sie prüfen, ob Ihre Deutung richtig war. Im Endstadium der Krankheit kann die Sprache ihre verbindende Kraft völlig verlieren. Auch dann bleiben die Patienten aber für Gefühlsäußerungen empfänglich.
Schalten Sie störende Hintergrundgeräusche (Fernseher) ans, wenn Sie mit dem Patienten sprechen.
Versuchen Sie sich möglichst einfach auszudrücken.
Denken Sie daran, dass der Patient trotz der Verständigungsprobleme kein Kind ist und behandeln Sie ihn mit Achtung. Sprechen Sie in seiner Gegenwart nie mit Dritten so, als ob er nicht da wäre.
Im mittleren Krankheitsstadium kann es zu Verschiebungen oder sogar zur völligen Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus kommen. Der Grund dafür ist zum einen, dass die innere Uhr des Patienten nicht mehr richtig geht und zum anderen, dass seine Beziehung zu äußeren Zeitgebern (Uhr, Tageslicht, zeitgebundene Handlungen anderer Menschen wie Frühstücken oder Spazierengehen) immer mehr verloren geht. Die Zeitverschiebung führt beispielsweise dazu, dass der Patient nachts hellwach ist, in der Wohnung herumgeht und im Kühlschrank nach etwas Essbarem sucht.
Sorgen Sie für ausreichende Aktivität während des Tages.
Halten Sie den Patienten davon ab, tagsüber zu häufig ein Nickerchen zu machen.
Richten Sie ein gleichbleibendes Ritual des Zubettgehens ein.
Machen Sie das Zubettgehen zu einem angenehmen Ereignis des Tages.
Schränken Sie vor dem Schlafengehen die Flüssigkeitszufuhr ein; geben Sie keine harntreibenden Mittel (Diuretika).
Bei hartnäckigen Schlafstörungen, die auch Sie wach halten und Ihnen dadurch
Kraft rauben, sprechen Sie mit Ihrem Arzt über eine medikamentöse Behandlung. Denken Sie bitte andererseits daran, dass ein normaler Schlafrhythmus für Sie genauso wichtig ist wie für den Patienten. Deshalb kann auch eine räumliche Trennung während der Nacht eine Lösung sein, falls sich das in der Wohnung einrichten lässt.
Eine der häufigsten Verhaltensänderungen im mittleren und fortgeschrittenen Krankheitsstadium ist ziellose Unruhe. Die Patienten gehen auf und ab, rütteln an den Türklinken und versuchen manchmal, die Wohnung zu verlassen. Dieses im Zusammenleben meist sehr störende Verhalten lässt sich zum Teil damit erklären, dass die Patienten zielgerichtete Handlungsabläufe nicht mehr ausführen können, dennoch aber den Impuls verspüren, irgend etwas zu tun. Die ständigen Wiederholungen im Verhalten sind den Gedächtnisstörungen zuzuschreiben. Die Patienten vergessen nach wenigen Minuten, was sie gerade vorher gemacht haben. Ziellose Unruhe und Umherwandern können auch Ausdruck einer mangelnden Beschäftigung sein.
Versuchen Sie herauszufinden, ob vermehrte Beschäftigung die Unruhe vermindert.
Beziehen Sie den Patienten in Ihre Alltagsabläufe ein, so weit dies möglich ist.
Lenken Sie den Patienten ab.
Machen Sie ausgedehnte Spaziergänge mit dem Patienten.
Störungen der örtlichen Orientierung |
Schwierigkeiten der örtlichen Orientierung zählen zu den typischen Symptomen des mittleren Krankheitsstadiums. Sie kommen zuerst in unvertrauter Umgebung zum Vorschein. Beispielsweise kann es sein, dass ein Patient am Urlaubsort das Zimmer im Hotel oder das Hotel im Ort nicht findet. Später treten diese Probleme auch in vertrauter Umgebung auf. Die Patienten finden die Zimmer in der Wohnung nicht, verlaufen sich am Wohnort und können mit dem Auto kein Ziel mehr ansteuern.
In Verbindung mit der oben dargestellten Unruhe führt die örtliche Orientierungsstörung dazu, dass die Patienten die Wohnung verlassen, herumirren und nicht mehr nach Hause finden. Wenn Sie Störungen der örtlichen Orientierung bemerken, müssen Sie dem Patienten einerseits Orientierungshilfen geben und andererseits an seine Sicherheit denken.
Deutlich lesbare Schilder auf den Türen zum Schlafzimmer und zur Toilette erleichtern dem Patienten die Orientierung in der Wohnung.
Es kann hilfreich sein, den Weg vom Schlafzimmer zur Toilette nachts zu beleuchten. Technische Hilfen sind Bewegungsmelder, die das Licht bei Bedarf automatisch ein- und ausschalten.
Versehen Sie die Kleidung des Patienten mit Zetteln oder eingenähten Schildern, auf denen Name, Adresse, Telefonnummer und ein Hinweis auf das Vorliegen von Gedächtnisstörungen stehen. Sinnvoll kann es auch sein, wenn der Patient ein Armband oder eine Kette mit diesen Angaben trägt.
Treffen Sie Vorkehrungen, dass der Patient nicht unbemerkt das Haus verlassen kann. Eine Möglichkeit ist z. B. der Einbau zusätzlicher, schwer zu öffnender Schlösser.
Informieren Sie Ihre Nachbarn über die Krankheit. Betonen Sie dabei, dass der Patient weder verrückt noch gefährlich ist, sondern nur verwirrt.
Wenn der Patient aus der Wohnung drängt, kann es sinnvoll sein, flexibel zu reagieren. Begleiten Sie ihn auf dem Weg, den er einschlagen will, und lenken Sie ihn nach kurzer Zeit wieder nach Hause zurück.
Bleiben Sie in der gewohnten Umgebung. Vermeiden Sie Urlaubsreisen, Kuraufenthalte und weite Reisen zu Verwandten.
Leben in der Vergangenheit |
Die Erinnerung an lang zurückliegende Eindrücke ist bei der Alzheimer-Krankheit meist viel besser erhalten als die Fähigkeit, neue Informationen zu speichern. Eine Folge davon ist, dass der Patient seine frühere Wohnung oder seine Eltern sucht oder zu seinem früheren Arbeitsplatz gehen will. In gewisser Weise lebt der Patient dann in einer anderen Welt als Sie. Es kann sehr schwer sein, diese beiden Welten miteinander in Einklang zu bringen. Sie dürfen nicht erwarten, dass der Patient seinen Standpunkt aufgibt.
Erkennen Sie die subjektive Sichtweise des Patienten als die für ihn zutreffende an. Versuchen Sie nicht, ihn unter allen Umständen zu korrigieren.
Versuchen Sie, sich in die Welt des Patienten zu begeben und nicht, ihn in Ihre Welt zurückzuholen.
Suchen Sie für das aktuelle Problem eine Lösung, die auch in die subjektive Welt des Patienten hineinpasst. Wenn der Patient beispielsweise zur Arbeit gehen will, kann es sinnvoll sein, ihm zu sagen, er werde heute erst später erwartet.
Lenken Sie den Patienten ab.
Die Alzheimer-Krankheit führt meist zu einer tiefgreifenden Verunsicherung. Deswegen gewinnen die Gegenstände des unmittelbaren Besitzes wie Geldbörse, Brieftasche, Brille, Fotos oder Schriftstücke eine viel größere Bedeutung als bei Gesunden. Wenn eine Patientin ständig in ihrer Handtasche herumkramt, versucht sie möglicherweise, sich des Vorhandenseins solcher Habseligkeiten zu vergewissern. Manche Patienten verstecken bestimmte Gegenstände immer wieder. Wegen der ausgeprägten Gedächtnisstörungen finden sie ihre Habe aber nicht wieder und sind deswegen ständig auf der Suche danach. Aus demselben Grund beschuldigen sie andere Menschen, die Gegenstände entwendet zu haben.
Denken Sie daran, dass sich in dem Suchen ein Grundbedürfnis nach Sicherheit und Überblick ausdrückt.
Aus diesem Blickwinkel kann ständiges Suchen eine sinnvolle Beschäftigung sein.
Fühlen Sie sich nicht persönlich angegriffen, wenn Sie des Diebstahls beschuldigt werden. Für den Patienten ist es eine naheliegende Vermutung.
Lassen Sie den Patienten den Gegenstand selbst finden, sonst bestätigen Sie sein Misstrauen.
Lenken Sie den Patienten ab, und streiten Sie nicht mit ihm.
Verändern Sie nichts an Dingen, die ihm lieb sind. Denken Sie daran, dass solche Gegenstände für ihn Bezugspunkte sind, wenn sein nachlassendes Gedächtnis ihn im Stich lässt.
Bewahren Sie wichtige Dokumente an einem sicheren Ort auf.
Die Alzheimer-Krankheit krempelt die Beziehung zweier Menschen völlig um. Es ist ganz natürlich, wenn Sie schon am Anfang der Krankheit den sexuellen Kontakt als unpassend und belastend empfinden. Machen Sie sich deswegen keine Vorwürfe. Halten Sie sich vor Augen, dass in sexuellem Verlangen auch ein Wunsch nach Nähe, Geborgenheit und Angenommensein steckt. Diesen Wunsch können Sie erfüllen. Das sexuelle Erleben des Patienten ist in der Regel ganz normal. Erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kann es zu einer Enthemmung sexueller Impulse kommen. Sie äußert sich beispielsweise in einem unangemessen offenen sexuellen Verhalten Ihnen oder anderen Menschen gegenüber.
Geben Sie dem Patienten Zärtlichkeit, zum Beispiel durch Umarmungen, Streicheln, Massage, Halten der Hand, warme Bäder, sanfte Worte.
Lenken Sie den Patienten ab.
Es kann zweckmäßig sein, in getrennten Zimmern zu schlafen.
Im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit nehmen die Patienten ihre zunehmenden Leistungsdefizite sehr bewusst wahr. Sie reagieren darauf mit Beschämung, Angst, Niedergeschlagenheit, manchmal auch mit Wut. Es ist deshalb sehr verständlich, wenn sie Fehlleistungen nur sehr ungern zugeben. Im mittleren Stadium beginnt das Krankheitsbewusstsein allmählich zu verblassen. Der Patient fühlt sich durchaus gesund und überschätzt seine Leistungsfähigkeit deutlich. Der Grund dafür ist, dass sich das Selbstgefühl weniger aus der Gegenwart speist, sondern mehr aus der Vergangenheit, die für den Patienten noch oder wieder Gültigkeit hat. Darin kann man einen Schutzmechanismus sehen, der die Betroffenen davor bewahrt, ständig in dem quälenden Bewusstsein der vorhandenen Defizite leben zu müssen.
Konfrontieren Sie den Patienten nicht unnötig mit seinen Leistungsdefiziten. Die Einsicht in das Kranksein würde die Probleme im Zusammenleben nicht verringern. Der Patient kann sich nämlich nicht dieser Einsicht gemäß verhalten.
Versuchen Sie, das zu positive Selbstbild des Patienten als eine wichtige Lebenshilfe für ihn zu verstehen.
Geben Sie dem Patienten das Gefühl, gebraucht zu werden. Überlassen Sie
ihm Aufgaben.
Rund ein Drittel aller Alzheimer-Patienten leidet unter niedergeschlagener Stimmung, Lebensüberdruss und Todeswünschen. Diese Symptome sind im frühen und mittleren Krankheitsstadium besonders ausgeprägt. Ein wichtiger Grund für den Stimmungseinbruch ist, dass fast alle bestätigenden Einflüsse wegfallen: der Erfolg im Beruf, die Anerkennung in der Familie, das Gelingen von Vorhaben. Statt dessen erlebt der Patient fast ausschließlich Misserfolge, Unfähigkeit und Peinlichkeit. Meist wird die Niedergeschlagenheit durch Enttäuschungen oder Überforderung ausgelöst und ist von kurzer Dauer. Es gibt aber schwere und anhaltende Depressionen, die mit Medikamenten behandelt werden müssen. Die modernen antidepressiv wirkenden Arzneimittel sind hochwirksam und gut verträglich.
Denken Sie daran, dass der Patient in einer Welt ständigen Scheiterns lebt. Verschaffen Sie ihm so viele bestätigende Erlebnisse wie nur möglich. Sorgen Sie dafür, dass er Freude erleben kann. Loben Sie Ihn auch für kleine Erfolge.
Bedenken Sie die positive Bedeutung von Abwehr und Verleugnung: Sie helfen dem Patienten, sein Selbstbild aufrechtzuerhalten.
Versuchen Sie herauszufinden, ob bestimmte Enttäuschungen oder Überforderungen die Niedergeschlagenheit ausgelöst haben.
Vertrauen Sie darauf, dass die Stimmung des Patienten sehr von der augenblicklichen Situation abhängig ist und gestalten diese positiv.
Wenn die Niedergeschlagenheit ausgeprägt ist und über mehrere Woche anhält, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Er kann eine Behandlung mit Medikamenten durchführen, die fast immer erfolgreich ist.
Wirklichkeitsferne Überzeugungen |
Die eingeschränkte Fähigkeit, komplizierte Situationen zu überblicken und das herabgesetzte Vermögen, logische Schlussfolgerungen zu ziehen, führen bei den Patienten leicht zu wirklichkeitsfernen Vermutungen oder Überzeugungen. Das häufigste Beispiel ist die Verdächtigung, dass Sie Gegenstände entwendet hätten. Es kann Ihnen auch geschehen, dass der Patient die Überzeugung äußert, Sie seien in Wirklichkeit eine andere Person, die sich nur verkleidet habe, Häufige Symptome sind die Verwechslung von Personen im Fernsehen mit tatsächlich anwesenden Menschen oder die Befürchtung, Diebe seien in die Wohnung eingedrungen. Sinnestäuschungen treten bei der Alzheimer-Krankheit viel seltener auf als wirklichkeitsferne Überzeugungen. Der Patient sieht Gegenstände oder hört Geräusche, die nicht vorhanden sind. Es ist meist sehr schwer, mit solchen Überzeugungen oder Erlebnissen zurechtzukommen, die oft mit heftiger Angst verbunden sind.
Gehen Sie davon aus, dass auch wirklichkeitsferne Überzeugungen Versuche sind, eine unübersichtliche und ängstigende Situation zu verstehen.
Stellen Sie die Wahrheit seiner Aussage nicht in Frage. Lassen Sie den Patienten erzählen, was er sieht und fühlt.
Vermeiden Sie eine Reizüberflutung durch Fernsehen oder Radio.
Geben Sie dem Patienten durch Ihr Verhalten Sicherheit, und lassen Sie ihn spüren, dass er nichts zu befürchten hat.
Versuchen Sie nicht, gegen die Überzeugungen durch Argumente anzugehen. Sie werden damit keinen Erfolg haben, sondern die Ängste nur noch weiter schüren.
Suchen Sie für die aktuellen Probleme eine Lösung, die mit der Situationsdeutung des Patienten vereinbar ist. Wenn der Patient sich vor Dieben ängstigt, können Sie zum Beispiel einen Kontrollgang mit ihm machen.
Lenken Sie den Patienten ab.
Wenn die wirklichkeitsfernen Überzeugungen oder Sinnestäuschungen sehr ausgeprägt sind und lange anhalten, sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Er kann diese Symptome durch eine medikamentöse Behandlung mildern oder sogar ganz zum Abklingen bringen.
Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium kann die Fähigkeit von Alzheimer-Patienten eingeschränkt sein, vertraute Gesichter zu erkennen. In diesem Fall wird der Patient Sie mit einem falschen Namen ansprechen, Sie für seine Mutter oder für seinen Vater halten. Für viele Angehörige ist das eine sehr schmerzliche und kränkende Erfahrung. Es kann auch vorkommen, dass der Patient sein eigenes Spiegelbild nicht erkennt, sich davor fürchtet oder in heftigen Streit damit gerät.
Wenn Sie mit einer anderen Person verwechselt werden, ist auch dies ein Versuch des Patienten, eine unübersichtliche und ängstigende Situation zu deuten. Ihr Anblick hat in seinem Gedächtnisspeicher eine bestimmte Erinnerung geweckt. Vielleicht ist es möglich, von dieser Erinnerung aus eine Brücke in die Gegenwart zu schlagen.
Als Mutter oder Vater werden Sie vermutlich deswegen angesprochen, weil Sie im Erleben des Patienten einen ähnlich wichtigen Platz einnehmen. Behandeln Sie diese Rolle als die entscheidende Realität und korrigieren Sie nicht unnötig.
Wenn der Patient sich vor seinem eigenen Spiegelbild fürchtet, entfernen
Sie den Spiegel oder decken Sie ihn ab.
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