Kranker für Kranke * satirische Werke von Jeancharles *





Satirische Werke von Jeancharles

Ein herzliches Danke

Kranker für Kranke bedankt sich bei Jeancharles

für "Krankenhaus 2030"
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Jeancharles
Teil 2
* Krankenhaus 2030 *

Langsam wache ich auf.
Mein Schädel brummt und schmerzt.
Wie durch einen Nebel sehe ich, daß sich jemand über mich beugt.
Es ist ein dunkelhäutiger Arzt im weißen Kittel.
Die Blinddarm-Home-Operation zu Hause schien mißlungen zu sein, sonst wäre ich nicht hier.
Fieberhaft arbeitet mein Gehirn.
Hätte Oma vielleicht doch ein Operationsbesteck nehmen sollen, anstatt der Geflügelschere?
Oder lag der Fehler daran, daß sie mit Stopfgarn genäht hat?

Langsam verstehe ich den Arzt, der sich über mich beugt "...ja mein Lieber es gewesen schwierig mit dich, nun du noch nix ganz ok, müssen bleiben noch bißchen.
Aber nix länger als Standard-Verweildauer von Kasse.
Hier Rechnung!".
Durch meinen noch etwas getrübten Blick erkannte ich nun doch nach und nach die Rechnung, die er mir unter die Nase hielt.
Eine fünfstellige Summe.
Da muß man wohl den Wagen verkaufen und Oma muß den Sparstumpf dranrücken, fuhr es mir durch den Kopf.
"Du zahlen schnell, sonst Du nix länger hier.
Wir müssen sein wirtschaftlich.
Schwester Dir geben noch Spritze für Schmerz".

Die Schwester war vermutlich aus der Mongolei und sprach kein Deutsch, denn der Arzt zeigte durch Gesten, was zu tun sei.
Sie hatte einen Gürtel umhängen mit div. Schießgeräten, bedeutete mir mich auf die Seite zu drehen und schoß mir dann aus kurzer Distanz aus der Hüfte sehr rationell eine Injektion in den Po.
(Früher benutzte man dazu Spritzen).
Das erinnerte mich sehr an Wildwest.
Der Arzt sagte noch:
"Du sagen Verwandten, bringen nur Leichtverdauliches für Essen".
(Seit 2011 verpflegen die Angehörigen ihre Kranken im Krankenhaus selbst, wie das in Italien schon seit Jahrzehnten der Fall ist).
Danach war er weg.

Die Visite war schnell vorbei.
Ich saß noch etwas verdattert in meinem Bett, die Rechnung in der Hand.
Was war mit mir passiert?
Wie lange lag ich schon hier?
Und weshalb stand da unten auf der Rechnung ein Betrag von 42.720 Euro?
Ich schaute etwas verständnislos in das Papier und auf die einzelnen Positionen.
Ja, lange war ich nicht da gewesen.
Es waren nur 3 Tage.

Teuer war, was mir da sonst noch in Rechnung gestellt wurde. Hier nur einige Beispiele:
Chemische Reinigung von 3 Ärztekitteln sowie 2 Krankenschwesterschürzen
6 Stück Mundschutz
30 Operationshandschuhe
45 Tupfer, zahlreiche Medikamente und Infektionsmittel Anästhesiegeräte wie Spinalkanülen, Epiduralsets
anteilige Kosten für das Röntgengerät sowie am Ultraschallgerät
anteilige Kosten an einer Positronen-Emissions-Tomographie (PET) Einrichtung
anteilige Kosten am Beatmungsgerät Medumat nebst Inhalationseinheit
anteilige Kosten an einem Medizinischen Linearbeschleuniger
anteilige Kosten an einem Gerät zur Transthorakalen Echokardiografie
Stromverbrauch während der Operation vorher und nachher insgesamt 40 KW/h
Reinigungskosten für den Operationssaal

Auch ein Gerät EKG-Monitor mit integriertem Defibrillator und externem Schrittmacher in Rechnung gestellt.
Daneben waren es weitere 30 Positionen u.a. Ausziehen des Patienten, zusammenlegen der Keidung, fünfmal Nase putzen.
Auch die Positionen anteilige Krankenhausverwaltungsumlage sowie die Krankenkassensanierungsumlage waren nicht unerheblich.
Hinzu kam dann der pauschale Solidaritätszuschlag für die Pharmaindustrie.

Nach dem Studium der Rechnung fiel ich erst einmal in eine kurze Bewußtlosigkeit.

Ich kam wieder zu mir dadurch, daß einer der Mitpatienten versuchte, mir aus einer Flasche Wodka einige Schlucke einzuflößen.
Das war der Russe aus dem Nebenbett rechts.
Wo war ich eigentlich?
Ich sah mich etwas um.
Ich lag in einem großen Saal.
Etwa 10 Betten standen da.
Im hinteren Teil des Saals lagen einige Afrikaner.
Zwei Türken hinderten gerade einen der Afrikaner auf dem Fußboden ein Feuerchen zu machen, um ein Stück Fleisch zu braten.
Sie wollten jetzt eben dort beten, denn es war Zeit sich nach Mekka zu neigen.
Mein Russe konnte schon aufstehen.

Er war inzwischen dabei die Zettel zu studieren, die am Schwarzen Brett hingen.
"Tausche gut erhaltene Niere gegen Kostenübenahme einer Knieoperation" stand da.
Oder: "Wer tauscht Nichtraucher-Lungenflügel gegen gut erhaltene Kniescheibe".
Plötzlich ging die Türe auf und zwei Männer von der Straßenreinigungsfirma kamen herein.
Die spritzen mit einem Wasserschlauch den Fußboden blank.
Diese rationelle Reinigungsmethode gibt es sein langem im Krankenhaus.
Die abgerissenen Verbände ebenso wie die Essensreste auf dem Boden werden auf diese Weise gründlich hinausgespült.
Mehr wie 3 Minuten haben die Männer aber nicht, um diese Reinigung durchzuführen.
Daher werden alle gebeten nichts auf den Boden zu werfen oder zu stellen.

Trotzdem liegt da sehr viel.
Die Mitarbeiter des Reinigungsbetriebes sind auch beauftragt, diejenigen Patienten, die nicht (oder nicht mehr) bezahlen können, gleich im Schubkarren mitzunehmen und im Zelt abzuladen.
Diese sind mit einem roten Punkt auf der Stirn gekennzeichnet.
Es ist eben so, daß die Krankenhäuser sich heutzutage auch auf die Kernfähigkeiten konzentrieren, und alle anderen Arbeiten outgesourct wurden.

Mein Nachbar zur Linken, ein Berliner war total sauer.
Er schaute in sein Eßgeschirr und schimpfte.
Als ich fragte warum sagte er mir, daß die Familie zwar Essen gebracht hätte, aber das Gebiß hätten sie vergessen.
Sie nutzen nämlich zu dritt eins, weil sich nicht jeder eines leisten kann.
Eben kommt der Wagen der Servicefirma herein mit den Essensresten aus der 1.Klasse.
Einige Patienten die gehfähig sind, stürzen sich sogleich drauf.
Sie haben keine Angehörigen, die sie verpflegen.

Übrigens habe ich Glück gehabt:
Mich hat sogar ein Assistenzarzt behandelt.
Wer die Bonität aber nicht hat, wird evtl. auch von einem Gastarbeiter oder einem Servicemitarbeiter verarztet und muss draußen auf dem Hof im Freien, oder im Zelt auf dem Feldbett liegen.
Dort wird dann auch operiert.
Überlebt der Patient nicht, wird er per Fließband vom Operationstisch direkt in den Entsorgungscontainer befördert.
Es ist halt ein voll durchorganisierter und automatisierter Krankenhausbetrieb und heutzutage sind die Mittel überall knapp.

Einer meiner Bettnachbarn hat einen kleinen Fernsehempfänger.
Eben kommen Nachrichten und die Gesundheitsministerin der Regierungspartei erklärt gerade, daß die erfolgreiche Politik ihrer Partei in den der letzten zwanzig Jahren es geschafft hat, für die Menschen draußen im Lande eine menschenwürdige und bezahlbare Krankenbehandlung sicherzustellen.
Also was soll's?
Das haben wir ja!
Gute Besserung !


* © Jeancharles 02/07 *
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Gesundheits-Satire
von dem Autor: © Jeancharles 02/07
Krank im Jahre 2030

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